Nach langer Abwesenheit starte ich meinen Blog ins neue Jahr auf gewohnt überfordernde Art und Weise, mit genauso vielen Rechtschreibfehlern wie sonst (aber in Arial) und natürliche einer großen Portion viraler Hartnäckigkeit und leicht pessimistischer Verstimmung. Meine heutige gesellschaftskritische Überlegung/ Frage: sind wir* ein Haufen seelenloser Primaten gefangen in einem Zoo
aus Möglichkeiten? So weit so leicht beantwortbar (aha). Natürlich brauchen wir (unbedingt) erst einmal ein kleinen Abriss mit
eingespickten Gesellschaftsdiagnosen. Denn ohne die genauen sowie generellen Umstände kann wohl niemand zu einem Urteil kommen (ha, what?).
Zum einen haben wir Handlungsspielraum en masse.
Haben die Möglichkeit unser Selbst in Anlehnung an unsere perfektionistischen und
Konsum-orientierten Vorstellungen zu modifizieren. Angepasst an ein Ideal, das
eine grenzenlose Optimierung des eigenen Kapitals verspricht. Ganz nach dem
Motto: alles was ne Macke hat, wird direkt umgetauscht. Der Anschiss dafür geht
auch direkt an den Produzenten; die vietnamesische Näherin, die gerade einen
Lungenentzündung verschmerzen muss und deshalb unachtsam war, nicht an die
Komsumierende, deren BH ein Loch ins Fünf Euro T-Shirt gerissen hat. Umso
länger die Produktionskette umso länger die Liste der Verantwortlichen umso
länger die Möglichkeiten der Ausbeutung. Wir sind gierige, verwirrte Seelen,
die in einem T-Shirt eine mögliche Bedürfnisbefriedigung sehen, in einem gutes
Essen, aber so etwas wie einen potentiellen Feind. Es könnte das T-Shirt
sprengen und wir wären verantwortlich. Überhaupt, wir sind ungern
verantwortlich.
Wir haben weitere Objekte mit denen wir uns viel beschäftigen,
die eigentlich wir selbst sind. Wir sind Körper besessen bei gleichzeitiger
Körperlosigkeit. Oft haben wir das
Gefühl, es existiere nur noch Geist in einer theoretischen Hülle, die
funktionieren muss. Nämlich alles abwehrt was krank macht und alles rein lässt
was gut ist. Uns weiter arbeiten lässt, uns schöner macht, weniger sterben lässt.
Klar, wir wissen alle, sterben werden wir so oder so, aber die Chance es
besonders richtig oder falsch zu treffen, zeichnet sich in allen Lebenslagen
deutlich ab. Auch das Sterben an sich sollte wohl geplant und überlegt sein.
Alles ausschöpfen, alles mitnehmen, aber nur das Wichtige. Scheitern,
langweilen, einfach so da sein, irritiert da nur. Natürlich haben wir Momente
der Selbsterkenntnis und sehen plötzlich alles ganz klar, aber wir wollen auch
auf nichts verzichten, wollen nicht einsam, sondern geliebt werden. Ob von Großkonzernen,
Versicherungen oder der Heilpraktikerin. Wir möchten am Ende doch nur
verstanden werden. Wir möchten gestreichelt werden und gesagt bekommen, dass
wir natürlich alles richtig gemacht haben. Wir möchten hören, dass es ok ist, freiwillig in einem Käfig zu
sitzen und per Lieferdienst alles ins Gehege geschmissen zu bekommen. Der Käfig
ist ja voller Sachen! Voller ähnlicher Versprechen. Du wirst nicht krank! Du
wirst schön! Du wirst ein bisschen perfekter, schlauer und tüchtiger.
Vielleicht wirst du sogar eine Arbeit bekommen, reich oder zumindest keiner von
denen, die es am Ende nicht geschafft haben und die sind, die du unter den
Brücken liegen siehst. In jedem Versprechen schwingt eine leichte Drohung. Mit
jeder Drohung wirst du dir sicherer, dass alles richtig ist. Das die Welt auch
aus einem Käfig aus betrachtet wunderschön sein kann.
Wir als Arbeits-Primaten sind von Produktion und Leistung fasziniert und
finden, dass alle die hier drin hocken auch bitteschön mit machen sollen. Das
alle die unzufrieden sind, ja auch bitte gehen können. Überhaupt, was soll die
Diskussion; wer hier leben will, der muss arbeiten. Wer hier arbeiten will, soll
sich benehmen. Und wehe wenn nicht. Ja das kennen wir schon, dann kommt ganz
schnell wieder die Brücken-Drohung. Oder die Harz4-Angst oder die Angst vor dem
Tod oder alles vermischt. Die Angst vor der Angst ist sowieso gern dabei.
Eine andere Baustelle ist die Angst davor, andere könnten einem was
wegnehmen. Denn wer weiß, irgendwann sind die Sachen im Käfig alle in Besitz. Und
irgendwann hat der Käfig ja schließlich auch seine Enden, denn sonst wäre es ja
kein Käfig. Platz ist nur so lange für alle da, so lange alle nach dem gleichen
Heilsversprechen streben. Reicht es einigen Primaten einfach einen Platz zu
haben, reicht das nicht der Primaten-Gemeinschaft. Ausfälle können
kostenspielig werden und das System stürzen. Das System, davon wird geredet als
sei es Voldemort. So, als dürfte man seinen Namen nicht nennen und als würde
dieses suspekte Subjekt dennoch genügend Macht ausstrahlen um alle
voranzutreiben. Ein Systemfehler könnte man auf Meta-Ebene spekulieren. Das
System selbst habe sich dissoziiert, depersonalisiert und dann gespalten. In
ein neu geschaffenes Subjekt, mit dem niemand was zu tun haben will, aber
dennoch über allem steht. „Hallo, wir sind das System.“ Niemand will das hören!
Stattdessen; Verdrängung, Verschiebung und Somatisierung wo hin man nur blickt.
Natürlich, ist auch gut so, denn sonst würden ja alle ausrasten.
Und was wäre dann los? Ein Primaten-Theater ohne Frage. Das Gehege würde
möglicherweise nieder gestampft, die Wassergräben überwunden. Vielleicht gäbe
es auch Kriege mit anderen wildgewordenen Spezies. Mit neuen Feindbildern und Optionen, die
diesmal keine Grenzen kennen. Vielleicht wäre dann alles anders, vielleicht
würden sich aber auch alle bloß ein neues Gehege suchen. Mit mehr Auslauf und
schöneren Pflanzen, aber den gleichen Mauern.
Soviel zu meinem Neujahrsabriss, der sich aus der Vorahnung, 2017 könnte anstrengend werden und dem Gefühl, es könnte sich einiges verändern, zusammen setzt und einiges durcheinander und zusammen wirft. Aber egal, ich fange dort an wo ich stehe und schreibe es mir vom Leib durch die Seele. Was man eben so an langweiligen Abenden im Käfig macht.
*Mit wir als generalisiertes Gesellschaftsgefühl gemeint,
ist klar ne. Aus einem Ich-Gefühl wird hier also schnell ein Wir-Gefühl und alle
fühlen sich spontan angesprochen.