Donnerstag, 25. Dezember 2014

vorweihnachtliche Besinnungslosigkeit!

Ein Phänomen was uns alle betrifft. 


Vorweihnachtliche Besinnungslosigkeit ist nicht gleich vorweihnachtliche Besinnungslosigkeit. Die Facetten sind ebenso glitzernd, schimmernd, viel- und undurchsichtig wie die hiesigen Weihnachtsmärkte, Konsumtempel und ja, sogar die ach so harmlosen Flohmärkte. Es gibt kein entkommen und die Gefahr auf dem 5m Weg zur Uni infiziert zu werden ist genauso groß wie das törichte Vorhaben "nur mal eben schnell etwas besorgen zu wollen". Ein kurzer Schlenker zu H&M (das SALE-Leuchten war einfach viel zu groß und schön!) und eine Besorgung bei Rossmann werden da schnell zu echten Gefahren für dünne vorweihnachtliche Geldbeutel, Konten und ökologisches Denken sowieso. Selbst ein Spaziergang führt immer über irgendeinen Weihnachtsmarkt, bei dem man immer kurz stehen bleiben und ein bis fünf Apfelglühwein trinken muss. Ist ja auch kalt, ist ja auch kein Problem schon wieder Geld heraus und Kalorien herein zu werfen. Außerdem sind da ja noch die ständigen Weihnachtsfeiern, Wichteln und naja, die absolute Besinnlichkeit, die vor allem bei so genannten Familienangelegenheiten zum Vorschein kommt. 

Ich sagte ja, vorweihnachtliche Besinnungslosigkeit ist nicht gleich vorweihnachtliche Besinnungslosigkeit. Denn am allerschlimmsten ist die Besinnungslosigkeit - vermutlich fernab von einer bevorstehenden Weihnacht - in der letzten Bahn von Frankfurt nach Marburg, freitags nachts um halb eins. Dieses Phänomen soll jedoch (später einmal) einen eigenen Post bekommen. 

Da das Schlimmste (damit) vermutlich überstanden ist: fröhlichste Weihnacht! 



Sonntag, 7. Dezember 2014

(m)ein Körper als ein Versuch die Menschheit zu verstehen


"Einmal, da habe ich mir quasi eine Rippe aus dem Knöchel geschnitten (oder mich mit einem bissigen Hai anlegt!). Ein anderes Mal fühlte ich meine Hand nicht mehr und seit vorgestern scheint sich auch noch das Gefühl in meinem Schienenbein verabschiedet zu haben..."

Dass ich ausgerechnet Körperpsychotherapie studiere, erscheint da erst einmal recht widersprüchlich. Immerhin scheine ich ein - sagen wir - ambivalentes Körper- (und Leib-) Verhältnis zu haben. Aber immerhin, ich scheine das inzwischen begriffen zu haben! Ich denke, inzwischen kenne ich mich so gut, dass ich weiß, dass auch der Körper mein ist. Ich wüsste, wenn ich friere, was zu tun ist. Ich wüsste, wenn mein Magen knurrt oder mir latent schlecht ist, was zu tun ist. Ich wüsste, wenn ein Körperteil kribbelt, was zu tun ist. Wenn es juckt, was zu tun ist. Ich wüsste es, tue es aber selten. Ich überlege mir theoretische Konstrukte - die meine kognitiven Fähigkeiten bei weitem überschreiten - zur Heilung meiner Kopfschmerzen. Ich schreibe Schmerzprotokolle und recherchiere nach den bestmöglichen Optionen, ich mache To-Do Listen, ich bastele eine symbolische Collage, ich schreibe einen Text darüber, entwickle ein komplettes Therapie-Konzept für Wochenend-Migräne, Cluster- und Spannungskopfschmerz. Für Prä- und Postmenstruelle Kopfschmerzen. Ich lege mich nicht aufs Bett, schließe nicht die Augen und ziehe auch nicht den Stecker. Ich möchte den Schmerz verstehen, statt ihn zum Gehen aufzufordern. Ich möchte, dass er für etwas gut ist. So wie ich am liebsten jedes Störungsbild mal probeweise für einen Abend austesten würde, nur damit ich mich besonders gut in jeden Menschen hinein versetzen könnte. Und dabei halte ich mich jetzt schon für eine Expertin für jegliche Störungsbilder. Ich denke wirklich, dass ich mich nur tief genug mit Krankheiten beschäftigen müsste, damit die Welt ein bisschen erklärbarer wird. So wie andere Menschen ihre Angst vor dem Unbekannten in Rassismus oder einer Zwangsstörung äußern, möchte ich alle verstehen lernen. Dazu zählt nicht nur was PTBS oder MD heißt, sondern auch zu wissen, wie sich Kopfschmerz und ein taubes Bein anfühlt. Es ist dabei nicht so, dass ich mir unbedingt wünschte, ein taubes Bein zu haben oder es vielleicht sogar absichtlich betäuben würde. Aber wenn es einmal da ist, springt in mir - nach einem kurzen Schreck - schnell ein Schalter um. Schon befinde ich mich im - sagen wir im kreativen - Forscher-Modus. Wie lange braucht eine klaffende Wunde zum Heilen? Wie viele Adjektive können Müdigkeit beschreiben? Wie fühlt es sich an, ein taubes Bein zu rasieren? Wie lange muss man kratzen bis es blutet? Wie visualisiert man Migräne? Wie beschreibt man Depressionen? Ich habe darauf jede Menge Antworten - die alle kaum etwas mit biologisch, chemischen oder physikalischen Faktoren zu tun haben. Denn alles, was mit den "tatsächlichen" Prozessen im Körper zu tun hat, finde ich abstoßend bis ekelhaft. Was aber auch einen gewissen Reiz hat. Als Kind blätterte ich immerhin ziemlich regelmäßig durch das zerfledderte Anatomie-Buch, dass ich nun wieder heraus gekramt habe. Oder sezierte meine Haare im Mikroskop. Auch heute schauert es mich etwas bei der Vorstellung der seltsam ekelhaften Strukturen, die angeblich meine Haaren gewesen sein sollen. Meine Angst ist dabei vermutlich auch, dass diese Vorgänge kaum mehr kontrollierbar scheinen. Ich habe Angst, dass ich meinen Einfluss nicht an Mitochondrien testen könnte, dass sie nicht auf mich reagieren und mich im Regen stehen lassen, wenn ich sie bitte irgendwas für mich zu tun. Da fängt aber auch schon das wirkliche Problem an, denn ich habe keine Ahnung was sie für mich tun könnten. Ich habe keine Ahnung ob sie bei Prozessen wie Migräne und Neurodermitis beteiligt sind. Natürlich, ich kann sie googlen, kann lernen, dass sie "die Kraftwerke“ der Zellen bezeichnet werden und dass ohne sie so ziemlich nichts passiert. Aber ich verstehe das nicht. Sie sind mir viel zu unsichtbar. Ich weiß sehr wohl um den Zusammenhang zwischen anatomischen und psychischem Körper, aber ich kann ihn nicht spüren. Ich spüre meine kalten Hände, meinen bewölkten Kopf und meine Füße fest auf dem Boden, aber ich will nicht wissen welches Mitochondrium dafür verantwortlich ist. Ich finde es viel interessanter wo her der Körper kommt und was er erlebt hat, den jeder Körper kann Geschichten erzählen. Von klaffenden Wunden bis Perlenohrringen, alles scheint irgendwie wichtiger als der Aufbau einer Zelle. Ich weiß, dass ich damit unrecht habe, aber ich spüre, dass es mir egal ist. Und es ist nicht so als würde ich nichts spüren! Im Gegenteil, ich bin äußerst sensibel wenn es um mich - meinen Körper - geht. Ich leide viel, ich rede und schreibe viel darüber (merkt man kaum!). Ich merke wenn man mir - meinem Körper- auf die Pelle rückt, merke, wenn ich mich - meinen Körper - nicht leiden kann, wenn ich in den Spiegel gucke und mich - meinen Körper - am liebsten gegen ein nicht jammerndes Kamel tauschen würde. Ich merke, dass es gut tut, mehr in den Füßen zu spüren, als in bewölkten Kopfregionen zu wandern, spüre, dass es heilsam ist zu essen und zu schlafen wenn ich es brauche. Dass es heilsam ist, meinen Körper auch mal loszulassen, ihn weniger als Forschungsinstrument zu nutzen, ihn mehr zu schätzen und lieben zu lernen. Das "verstehen" nicht "erlebt haben" heißt, weiß ich. Auch, dass ich nicht alles - dass ich nicht jeden - verstehen kann. Trotzdem bin ich immer wieder überrascht, wenn genau das passiert. Wenn ich plötzlich und völlig unvorbereitet am Ende meines nicht vorhandenen Lateins bin und mir keinen Reim darauf machen kann, wie sich eine Person fühlt. Was sie spürt, wie es sich anfühlt. Dass ich nichts dazu sagen und nichts dagegen tun kann. Keinen Rat geben, keine Sorgen teilen kann. Nicht mal mehr eine extrastarke Ibu reichen kann. Und weil dieses Gefühl für mich so schrecklich unerträglich ist, fange ich überdramatisch an, von meinen vermutlich ziemlich harmlosen Körperstörungen zu erzählen. 

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Text als therapeutische Maßnahme dieser Woche.

Montag, 24. November 2014

Ein Ausflug ans Meer.



Als ich eintauche ist das Meer angenehm warm und so sauber, dass ich bis auf Grund sehen kann. Bis auf ein paar kleinere Wellen ist es so ruhig wie selten. Die Sonne glitzert im tiefblauen Wasser, sie steht mir tief ins Gesicht. Heute sind außer mir nur ein paar wenige Menschen im Wasser und scheinen sich verhältnismäßig ruhig zu benehmen. Ein guter Tag. Sie reden kaum, sie spritzen nicht, sie kraulen nicht gegen einen. Sie schwimmen friedlich nebeneinander hin und her. Hin und her. Dann hört das Meer auf, dann beginnt glitschiger Fließenboden, Pommesgeruch und schreiende Kinder. Von all dem bekommt man im Meer heute nichts mit. Meine Hände gleiten durchs Wasser, mein linker Fuß zappelt ein wenig zu unprofessionell, aber ansonsten gleite ich. Ab und zu muss ich mir irgendein weißes oder schwarzes Haar von der Hand zupfen, die ich ab und zu wie kleine Trophäen einsammele. Klares Wasser hat eben auch so seine Nachteile. Heute stört mich das weniger, denn seit dreißig Minuten fühle ich mich wie ein Delfin, naja mindestens wie eine Wasserschildkröte oder wie ein Goldfisch im Glas, aber mindestens wie ein relativ glücklicher. Seit zehn Minuten schwimmen nur noch drei Frauen mit unreiner Haut durchs Becken. Ich lächele verbunden. Im Meer sind Pickel, Fett und Dellen egal, im Meer schwimmt alles oben, im Meer wird alles geheilt. Das Meer trägt die Sorgen aller Menschen einfach fort und löscht sie. Als ich diesen klugen Gedanken formuliere weiß ich, diese Ode ans Meer muss ich unbedingt aufschreiben. Dann erinnere ich mich an unschöne Tage im Meer. Tage, an denen ich um mein Recht aufs Schwimmen kämpfte, so als ginge es um mein Leben. Ging es ja irgendwie auch. Ich sehe mich am Rand stehen und auf dreihundert Menschen blicken. Auf 30 Quadratmeter Meer verteilt! Todesmutig nehme ich die kleine Treppe und versuche mich einzuordnen ohne dabei große Unruhe zu stiften, ohne dabei mehrere Menschen umzubringen, ohne selbst dabei umgebracht zu werden. Als mich ein Schmetterlings-Monster über den Haufen schwimmt weiß ich, mit Vorsicht komme ich hier nicht weiter. Also schwimme ich geradeaus, mit meinem schlimmsten, unausweichlichsten Blick. Ein paar Krauler bekommen meinen Killermodus natürlich nicht mit, also lande ich innerhalb einer Minute am äußersten Meeresrand direkt neben dem Schul/Vereins-Meer-Abteil in dem nur Schmetterlings-Schmetterer schmettern. Das Meer hat inzwischen locker zwei Meter hohe Wellen, aber ich lasse mich nicht untertauchen und halte dies für eine gute Selbstbehauptungsübung. Quasi so wie Bretter durchschlagen, nur im Meer. Am Ende schwimme ich nur noch mit hundert zufriedenen Survivors in den inzwischen deutlich seichtern Gewässern. Heute ist das Meer jedoch so still und zart zu mir, dass ich mich frage ob nicht gerade etwas Phänomenales wo anderes passiert. Der Weltfrieden tritt ein und ich schwimme? Egal. Ich erinnere mich dann, es ist drei Uhr und alle meine Kommilitonen sitzen in der Uni. Alle meine Kollegen sitzen an der Arbeit. Ich erinnere mich, dass ich alles absagte (damit meine ich eher, dass ich zu mir - so im Stillen - sagte: "ich sage ab") und beschlossen hatte eine Auszeit zu nehmen (damit meine ich eher, dass ich einfach nirgendwo hinging). Ans Meer zu fahren und einfach abzutauchen. Also tauche ich für die letzten Meter ab und schwimme meine letzte Bahn als graziler, freundlicher Delfin. Nur ohne zu atmen natürlich. Als ich völlig hechelnd, dehydriert, voller Bazillen, Keime und  Bakterien am Beckenrand auftauche, schmecken meinen Lippen dann fast ein bisschen salzig. 


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Montag, 17. November 2014

luckily you just survived another year!



Draußen ein letztes November-Leuchten, dass durch die kargen Bäume kläglich wimmert und ganze drei Minuten nach Aufmerksamkeit schreit. Trotzdem, im November freut man sich über jedes noch so kleine Leuchten. Das glatteste amerikanischen Kirschholz produziert die passenden, melancholischen Töne dazu, aber Kristallklar! Diese Soundqualitäten scheinen schließlich sogar meinen Vermieter überzeugt zu haben, der mir noch vor ein paar Tagen nachts um Drei vorgeworfen hatte, er sei zutiefst von mir (und meinem Lotterleben) enttäuscht. Vorher gratulierte er mir noch mit zitternder Stimme zum fünfundzwanzigsten Lebensjahr. Wir sahen uns kurz in die Augen und wussten nicht, wer von uns mehr Grund hatte zu heulen. Irritiert schloss ich die Tür und drückte den Power Button meiner krachend lauten Anlage. Klar, irgendwie ist so ein Leben auch erschöpfend, klar irgendwann sollte man lieber schlafen als zu Scooter zu tanzen und sich gleichzeitig ein paar Gin-Tonics rein zu ballern. Ja, aber ich dachte, dieser Tag wäre nicht unbedingt schon heute. So hätte ich das sagen sollen, stattdessen aber stammelte ich nur ein hilfloses "danke und sorry!". Jetzt, wo die Boxen nicht mehr so scheppern, bringt er mir sogar ein Glas Honig vorbei. Es folgte eine rührende Entschuldigung, wir gaben uns glückselig die Hand und eine leise Träne rann an unserer jeweiligen Wange herab (der letzte Punkt ist natürlich eine dramaturgische Lüge). Vielleicht waren es nur Gewissensbisse, vielleicht die Frau des Vermieters, die ebenfalls weinend ihren Mann so lange bekniete, bis er zu mir in den Bedienstetentrakt hinunter stieg… vielleicht ist dass aber auch der Zauber des Fünfundzwanzig-Seins, der gerade erst angefangen hat… Ich stocke hier kurz, denn gerade läuft der Herr Vermieter schon wieder an meinem Fenster vorbei, grinst, in seiner Rechten sein Lieblingsinstrument - der Kehrbesen - und seine linke Hand zu einem freudigem Peace-Zeichen geformt (in Wirklichkeit ist es nur die flache Hand!). Ein tatsächlicher Zauber also! Mit dieser fröhlichen Erkenntnis laufe ich in die Küche um mir einen Kaffee zu machen, der hoffentlich so stark ist, dass er mich nicht nur zum Arbeiten (damit meine ich nicht Bloggen), Putzen  und Lesen (dabei meine ich nicht eine erneute Episode aus Lena Dunhams Leben) bringt, sondern auch noch die restlichen Zauberkräfte aktiviert. Ein Zauber-Kaffee sozusagen. Draußen ist es immer noch November, also immer noch kalt und feucht. Das November-Leuchten ist inzwischen erloschen und ich will das Fenster schließen. Weil ich heute schon für alles  -außer Rewe-Schnittbrötchen mit Rewe-Wurst essen, Greys Anatomy gucken und Lena Dunham hypen - zu faul war,  bin ich natürlich auch zu faul auf den Tisch zu klettern oder mich irgendwie sonst näher ans Fenster zu begeben. Deswegen - und wegen meiner rutschigen Puschen - rutsche ich auch aus, bleibe an der schönen Happy-Birthday-Girlande hängen und haue mir dabei mit irgendwas - ich habe dieses seltsame Design-Objekt, das eigentlich ein Topfuntersetzer ist, im Verdacht - ein Veilchen unters Auge…

Congrats to my Self!




Samstag, 1. November 2014

waking up when it's already november


Wenn es plötzlich mal wieder November ist und man das Vierteljahrhundert schon förmlich riechen kann. Wenn Marburg aus allen Nähten zu Platzen droht, es in der Oberstadt nach Weihnachten riecht und man gerne eine schlafende Katze wäre. Wenn man am frühen morgen in Turnhallen voller Menschen stolpert, sich die Augen reibt und es unter Selbsterfahrung verbucht. Wenn man um fünf Uhr abends selbstverständlich wieder müde ist, dass kommende Vierteljahrhundert einem immer noch im vom Yoga verspannten Nacken sitzt und man an einem Glas Rotwein nippt, dass einem hässliche blaue Zähne für den Rest des Wochenendes beschert. Die Erkenntnis, ab jetzt wird alles noch dunkler, noch müder und beschwerlicher. Man wird älter, man möchte nicht nur irgendeine Katze sein, sondern eine kanarische Katze die ab und zu ein Dorade zum Fraß und ein Dorada zur Erfrischung vorgeworfen bekommt. Die sich genüsslich in der Sonne räkelt und natürlich sieben Leben hat. Die nicht zwischen Monaten unterscheidet, die völlig Zen ist. Da im November weder Bafög-Anträge noch sonstige Wünsche von den zuständigen Sachbearbeitern und postmodernen Feen bearbeitet werden, bleibt einem wie immer nur ein kleiner Seufzer. Hach. Auch wenn Abgründe schon mal tiefer und das Jucken schon mal schlimmer war, November und ich werden vermutlich nie wirklich Freunde.  




Donnerstag, 25. September 2014

Hambosch-(High)Lights







(High)-Lights findet man jede Menge, wenn man sich nach seinem Feierabendkuchen plus Kaffe, spontan zu einem Feierabendspaziergang entschließt, ziemlich blind in eine Richtung tappt und sich fünf Kilometer durch die Stadt tragen lässt. Am Ende eines Freitags sitzt man dann völlig erschöpft aber auch ziemlich glücklich in der U-Bahn, freut sich auf einen verdienten Feierabend-Cidre und einen Tag ausschlafen. Dinge die man in in einer temporär existierenden Arbeitswelt noch mal ganz neu zu schätzen lernt. 






Dienstag, 23. September 2014

Die Busdamen

Die Fahrt auf dem Damm, aus der Stadt zurück ins Nirgendwo ist ein lustiges Schauspiel, das ich tendenziell zwar mitbekomme, aber meistens zu müde bin. Ich sitze dort, gähnend wie immer, am selben Platz. Dem vorletztem Platz  vor der hinteren Tür, links. Gerade habe ich ein Franzbrötchen verschlungen und meinen lauwarmen Kaffee nach ein paar hektischen Zügen und uneleganten Bewegungen aufs Busgleis geworfen. Die braune Soße zieht dort nun ihre Kreise, während wir schwankend durch die Stadt brausen. An meinem Mundwinkel hängt noch ein kleiner Kaffe-Zimt-Rest, ich spreche mein morgendlichen „oh Gott ich bin soo müde“ Mantra. Nach ein paar Schritten im Halbschlaf, fange ich damit spätestens in der Dusche an. „ich bin soo müde, ich bin so müde, oh Gott, so müde bin ich.“ Dabei schaue ich besonders mitleidig und denke mein Mantra in einem besonders flehend-leidigen Ton. Es ist nicht so, dass ich denken würde es gäbe einen Gott, der mir darauf eine adäquate Antwort geben könnte. Es ist auch nicht so, dass das Mantra überhaupt eine Frage enthielte. Aber ich höre erst wieder damit auf, wenn ich mit einem lebendigen Menschen sprechen muss. Eine Vielzahl lebendiger Menschen steigt bereits an der nächsten Haltestelle ein. Die Vielzahl ist weiblich und alt. Da ich keine alten Menschen kenne, begutachte ich sie aus distanzierter Entfernung und komme zu keiner Antwort. Nicht dass ich eine Frage gestellt hätte. Die alten Damen sind wirklich sehr alt, sehen dafür aber vergleichweise jung aus. Nicht, dass ich Vergleiche hätte und tatsächlich wüsste, wie alt die fröhlichen Weiber wären, aber so lautet jedenfalls meine Ferndiagnose. Also ziehe ich meine rot leuchtenden Kopfhörer ab und lausche gespannt. Hinter mir haben zwei dieser Sorte Platz genommen und fangen ein freundliches Gespräch über ihre Enkelkinder an. Da diese bereits studieren, begünstigt dies meine Theorie, dass sie älter als 50 sind und halte meine erste Hypothese dieses müden Morgens für bestätigt. Ich lächle zufrieden und nicke den Damen im Vierer vor mir ermunternd zu. Sie nehmen keinerlei Notiz und unterhalten sich über ihrer toten Ehemänner und das Viertel, durch das wir gerade fahren. Dieses dem Hören-Sagen nach scheinbar sehr asoziales Viertel bietet sowieso viel Unterhaltungsstoff, so scheint es. Immer wieder ruft die Invasion entzückt irgendwas wie „ach oder lass uns einfach dort essen!“. Dann zeigen sie auf die Dönerbude und lachen. Entzückend. „immer dieses Fast Food...“ beginnt daraufhin die Dame hinter mir. „Fast Food“ dehnt sie dabei so lang, wie man diese zwei Wörter nur dehnen kann. Es hört sich an, als hätte sie von diesem seltsamen Herrn Fast Food erst kürzlich in einer Reportage bei „Mona Lisa“ gesehen. Mona Lisa ist das einzige, was ich mit alten Menschen verbinde, da ich genau zwei alte Menschen kennen, die genau dieses Magazin schauen. „immer diese Hektik“ schnaufen sie leidvoll. Jetzt hört sie sich an, als würde sie mich morgens unter der Dusche beim Hass-Mantras sprechen nachahmen. „ich kann dass sowieso nicht verstehen, diese jungen Frauen, die immer mit so einem Cappucino im Pappbecher herum rennen müssen“ sie schüttelt mit dem Kopf „dass man da nicht stolpert oder hinfällt und sowieso, diese Pappe schmeckt doch ekelhaft“. Sie sieht eine Schnute, ihre Sitznachbarin fängt an eine Episode ihrer letzten Stütze aufzuzählen und ich werde rot. Ich fühle mich – zusammen mit meiner Kaffee-Lache – ertappt, drehe ich mich um und sage demonstrativ „und ich verstehe keine alten Damen wie sie“. Ich zeige mit dem nackten Finger auf die angezogenen Damen, die aber anscheinend nicht nur schlecht hören, sondern auch nichts sehen, ihre angeregte Unterhaltung fortsetzen und ich keinerlei Aufsehen errege. Schade. Wir kommen an einem Altersheim vorbei und die Weiber fangen schon wieder mit ihren Scherzen an, die ich nicht verstehe. Der Konsens ist: es sieht schick aus, es ist am Deich und ein Lidl ist direkt daneben. Ob in der Stimme der Alten ein ironischer Unterton liegt, kann ich nicht mit letzter Bestimmtheit sagen. Ich sehe mir die Frauen genauer an und frage mich, was sie in ihrem Leben gemacht haben, dass sie jetzt heute hier mit mir eine Stunde auf dem Deich herumfahren und dabei auch noch so quietschfidel sind. Ich frage mich ob sie auch mal jung waren, in einem Bus saßen mit alten Damen saßen und sich fragten, was für ein Leben sie hatten. Wie immer komme ich zu dieser Uhrzeit – inzwischen halb elf immerhin – zu keiner richtigen Antwort. Wie immer schweife ich völlig ab und male mir aus, dass die alten Damen sich vielleicht gerade in diesem Moment Gedanken über das junge Mädchen machen, dass sie da schon eine ganze Weile so seltsam beäugelt. Denken die etwa ich sei noch minderjährig? Ich begutachte in meine Falten im Iphone Apfel und schaue besorgt aus dem Fenster. Unmöglich. Außer Deich nicht viel zu sehen. Ich stelle mir vor, was sie mir für ein Leben auf den Maß schneidern würden und ob sie dabei etwas von den Hass-Mantras ahnen. Ich komme zu keiner Antwort. In ihren faltigen Gesichtern lese ich nur Fragezeichen. Inzwischen weiß ich aber, dass sie zum Schwinggolf auf den Deich fahren und früher einmal hier draußen wohnten. Hinzu fantasiere ich, dass sie alle einmal in der selben Dorfklasse saßen und Hüpfseil in der Pause spielten. Natürlich alle waren in den einen Kerl verliebt, der heute unserer Busfahrer ist. Deshalb auch die kindliche Aufgeregtheit! Eines Tages hatten sie beschlossen, nach hunderten von Jahren einmal wieder zu kommen und zusammen zum Swinggolf zu gehen. Sie haben eine Art Pakt geschlossen, der heute in Erfüllung geht. Aus Südafrika, New York und Mallorca waren sie angereist um heute diesen feierlichen Schwur zu bestreiten. Anders kann es ja nicht gewesen sein. Vor lauter Aufregung haben die Damen ihre Haltestelle verpasst und lachen schon wieder darüber. Sie sehen fröhlich aus, mit ihren bunten Schals, Sonnenbrillen und Outdoor-Klamotten. Jede für sich ein Unikat. Ich würde sie gerne ausfragen und dann in ein Museum stellen, damit auch andere an diesem Phänomen teilhaben können. Vielleicht würde ich die ein oder andere Dame fragen, ob sich mich als Enkelin adoptiert und mir meine Alters-Xenophobie nimmt. Nur wie ich mit ihnen kommunizieren soll, weiß ich noch immer nicht. Ich strampele unbeholfen. Der Lauf der Dinge lässt sich aber wie immer nicht mehr aufhalten. Quietschend hält der Bus, ihre gemeinsame Jugendliebe winkt Ihnen herzlich zu und die alten Ladys springen lachend auf. Sie würdigen mir keines Blickes, auch wenn ich sie noch so wehmütig hinterher schaue, während sie albern plappernd in Richtung Schwinggolf traben. Wie ein paar Ponys auf Schulausflug.

Samstag, 30. August 2014

How to get lost in Hamburg on a Sonntagsausflug.


(1) 

Der Sonntagsausflug beginnt natürlich - so wie alle guten Sonntagsausflüge - mit einem Spiegelei im Bett! Danach zieht man sich gemächlich festes Schuhwerk an und zieht ein paar Stunden um die Häuser. Das Motto dabei: wie ein schönes Stück Strandgut mit den Wellen treiben lassen. Dabei erlebt man nicht nur Allerlei kurioses, schönes und unwirkliches, sondern man lernt natürlich auch die Stadt - fernab von Deichland und Flutsammelstellen - kennen. Mein Fall von Sonntachsspaziergang führte mich zunächst von Schanze über St. Pauli zu den Landungsbrücken, von dort aus übers portugiesische Viertel zum Jungfernstieg, back zum Hauptbahnhof.











(2) 

Sonntage eigen sich natürlich auch super zum Schmunsten. Kunst geht zwar und eigentlich immer - aber besonders dann, wenn einfach alle die was auf sich halten ein Museum der Extraklasse aufsuchen, mit ihren intellektuellen, irgendwie sorgvollen Mienen die zeitgenössischen Werke betrachten und dabei ein "ahh, interessant" zu ihrem Kunst-Buddy hauchen. Ihre Absätze klacken nirgendwo so schön wie auf glatten Museumsboden und auch ihre Augenbrauen sehnen sich bestimmt wieder nach einem gekonnt inszenierten auf und ab wippen. Dieses Spektakel lässt sich vor allem um die Mittagszeit vor Kaffe und Kuchen und nach einem kleinen Sonntags-Süppchen vollziehen. Geeignet sind dafür beispielsweise die Hamburger Deichtorhallen oder das MKG. 








(3) 

Der einzige Nachteil an Sonntagsausflügen ist, dass - anders als diese Fotos es möglicherweise vortäuschen - keine Geschäfte aufhaben. Zumindest die allermeisten nicht. Spontan-Shoppen wird somit zu einer illusionären Traumvorstellung. Stattdessen kann man aber Läden oder Dinge die man sich irgendwann kaufen will fotografieren. Das ist viel billiger und außerdem noch besonders Umwelt schonend. Und Sonntagsfreundlich!  Das Ganze Geld das sich so in einer Woche - was sage ich: am Ende eines Monats - ansammelt und was man nicht ausgegeben bekommt, kann man immer noch am Besten in den Sonntags-Kaffe-und-Kuchen investieren. Den besten Himbeerkuchen der Woche zum Beispiel (Café May) oder den leckersten Cappuccino Hamburgs (Schanze, Deathpresso). 







Fröhlichsten Sonntach! Over and Out. 

Montag, 25. August 2014

How to get lost… in Hamburg!




Teil 1

Moin, Moin, melde ich mich gewohnt verknautscht und mit mindestens drei neuen Stirnfalten aus Hamburch. Die Großstadt hat mich sozusagen mit all ihren schlängelnden Armen, Stresspickeln und Fettanlagerungen verschluckt. Sowie den Radfahrer, der heute morgen fast von meinem Bus überfahren wurde. Es war ein haarscharfes Vergnügen und bestätigt nur wieder meinen Verdacht, dass die meisten Gefahren im Leben auf dem Hin- oder Rückweg passieren. Manchmal sogar auf Zwischenwegen! Im Ernst, ich hatte schon so manche Nahtoderfahrungen auf zu engen Bussitzungen, schaukelnden Zügen und dampfenden Schiffen. Und Flugzeuge. Und Autos. Nicht zu vergessen die Fahrräder. Meistens war irgendwo ein Abgrund involviert, manchmal auch Kotze. Als ich mit diesem Gedanken after-work die S-Bahn betrat, blitzten und zündelten die Bahnschienen im Takt zum Nieselregen. Ich dachte erst ich träume, weil sowieso alles etwas verschwommen und unwirklich war, dann hielt ich es für Nebenwirkungen von seltsamen Wettereinfällen und zu viel Bildschirm-Arbeit. Nach acht Stunden Arbeit sehe ich wirklich kleine Vierecke und weiße Punkte. Im Nachhinein klar, eine Selbsterfüllende Prophezeiung. Erst als mir ein Mitfahrer einen spontanen, aber ebenfalls sehr beruhigten Blick zu warf und verwirrt gegen eine Zimmerpalme lief, merkte ich, dass ich mich in der Tat in einem faradayschen Käfig befand. Oder eben in Lebensgefahr, was ich zu diesem Zeitpunkt nicht ausschließen konnte. Was aber sonst kaum jemanden zu interessieren schien. Die Menschen sahen aneinander nicht an und tippen eifrig in ihre mobilen Wundergeräte, während ein kleines Mädchen im Prinzessinnenkleid verzweifelt versuchte durch einen Lab-Dance an der Festhaltestange Aufmerksamkeit zu bekommen. Außer ein paar böser Blicke war da nicht viel. Dann wurde ihr noch ein Bonbon verweigert. In dieser Zeit wurden meine Kopfschmerzen immer wacher und mein Magen immer flauer. Vielleicht lag es auch am Lab-Dance. Ich versuchte mich damit abzulenken, dass ich heimlich Whattsapp Nachrichten anderer Menschen lass, aber das führte - wer hätte es gedacht - eher zum gegenteiligen Effekt.  Ich versuchte nicht über das pinke Kleid des inzwischen sowieso schon enttäuschten Mädchen zu speien. Der Wagen hielt endlich. Weiß-grünlich-verpickelt schielte ich zunächst aus der sich öffnenden Tür heraus und konnte keine erneuten Anzeichen von blitzenden Schienen erkennen. Schwankend trat ich aus dem Käfig heraus, schleppte meinen sackartigen-verspannten Bürokörper die Treppen an der kaputten Rolltreppe vorbei ins Freie. Kühler Wind und Nieselregen empfang mich, dann fuhren direkt vor mir zwei Autos ineinander. Peng! Meine Stirnfalten kräuselten sich verdächtig. 


Teil 2 

Schon ganz richtig, die fröhlich insagramten Fotos sehen irgendwie nicht nach der Großstadt aus, die einen verschlucken könnte. Aber es handelt sich hierbei in der Tat um die verwirrt ausgelagerte und zweitgrößte Stadt Deutschlands. Hamburg als Sinnbild des einsamen Deichlands so zusagen. Ganz wunderbar um darin zu versumpfen. Sozusagen. 

Der Bus der an der Flutsammelstelle hält und mit der man zur nächsten blitzenden S-Bahn fährt, ist jedenfalls mindestens genauso abenteuerlich wie St. Pauli und die Schanze zusammen. Eignet sich aber eher nicht als Sonntagsausflug. Wegen störrischen Rentern, übereifrigen Radfahren und der Möglichkeit auf einem Gurkenfeld zu nächtigen. How to get lost on a Sonntagsausflug asap.


Sonntag, 29. Juni 2014

what was left...



Was da blieb als ich ging war so etwas wie ein Haufen verschrumpelter Radieschen. Irgendwie alt, irgendwie kunstvoll. Alles ist auf einen wesentlichen Haufen zusammen geschrumpft. 

Wir sind Menschen, die mit Metaphern spielen und über Worte stolpern, die nicht richtig ausgesprochen werden. Die lachen, weil sie denken, sie könnten so was wie Superhelden werden, dabei sind sie nicht einmal über den Sinn der nächsten Tage schlüssig. Der wesentliche Haufen in dem sie liegen, besteht aus trockenen, schon leicht gammligen Blättern. Trotzdem denken sie, vielleicht könnte daraus noch etwas wachsen, etwas Kunstvolles und Neues entstehen. Sie denken, es ist noch nicht an der Zeit alles über den Haufen zu werfen. Wir sind Menschen die so denken. 


Nichts über den Haufen werfe ich nun also in meiner neuen, aber befristeten, Wahlheimat Dortmund. Da ich nicht weiß was auf mich zukommen wird, wie es kommt und wann es kommt, bleibt mir nicht viel als ein möglichst sorgloses „we will see“. 

Montag, 9. Juni 2014

Death and more of his friends...




Wenn Lebensmittel sterben und gleichzeitig zu neuem Leben erwachen…. 

Menschen die wir nicht kennen.



Als Intro schon mal vorab: ich spinne gerne herum, male mir Dinge aus, rede von Phänomen, die völlig banal sind und stelle mir vor, ich wäre jemand anders. Wenn man wie ich, in so einer beschaulichen Stadt wie Marburg wohnt, hat man dazu jede Menge Gelegenheit. In dieser Stadt, in der jede vierte Person studiert und fast jeder zweite etwas mit Uni zu tun hat, scheint es einen nicht groß zu verwundern, dass man im Laufe von fast vier Jahren nicht nur ein gewissen Repertoire an Orten, sondern auch an Menschen, kennt. Und wenn ich hier kennen schreibe, meine ich damit eigentlich nicht kennen! Ich rede hier von Menschen mit denen man kein Wort tauscht, vielleicht mal Hallo sagt oder nett lächelt, aber dies dann auch schon die Highlights waren! Alles was wir über diese Art von Menschen wissen, beruht allein auf ihre Erscheinung, die wiederum mit den Orten verknüpft ist – vielleicht noch mit den Menschen, die sie umgeben - an denen wir sie treffen. Daraus kann man dann ganz wunderbare – meist völlig spekulative -  Schlüsse ziehen. Ihr Lieblingsessen ist Döner,  ihr Geschmack ist eher bieder, ihre Haarfarbe ein Versehen, ihr Freund ein BWLer. Treffen wir diese Menschen fast täglich, glauben wir – auch wenn wir noch nie ein Wort miteinander wechselten – diese Schlüsse zu einem großen Ganzen zusammen puzzeln zu können und zu wissen mit wem wir es, zu tun haben. Ein kleines schüchternes Mädchen dass von allen geliebt werden will, dass auf Diät ist, aber nicht genug Sport macht und zu viel Eis isst, dass ihren Freund Pakete tragen lässt, aber nur, damit er sich gebraucht fühlt, oder so ähnlich. Wir sehen, was wir glauben. Isst die Nachbarin mit Hund ein Eis auf dem Heimweg, glauben wir zu wissen, dass sie einen Hund hat und gerne Eis isst. Das ist jedenfalls die kurze und einfache Schlussfolgerung! Einige dieser unbekannten-bekannten Gesichter treffen wir so häufig, dass wir entweder denken, dass sie uns – auf Grund von Ort und Zeitübereinstimmung – besonders ähnlich sind, die gleichen Vorlieben und den gleichen Geschmack haben, dass dies so etwas wie ein Kleinstadtphänomen sei, oder tippen auf Zufall und Schicksal. Manchmal wird es sogar so bizarr, dass wir auf unbekannte-bekannte Gesichter treffen, die uns ganz stark an Menschen erinnern, die wir wirklich zu kennen glauben. Dass wir sie verwechseln oder zumindest zwei Mal hin schauen müssen um einzusehen, dass es sich um so etwas wie eine optische oder charakteristische Täuschung handelt. Keine Frage, so was ist irgendwie unheimlich! Die Chance das eine Person erstes einer anderen zum verwechseln ähnlich aussieht, zweitens sich ähnlich verhält und sich drittens auch noch am gleichen Ort aufhält wie wir, nimmt uns zunächst einmal die Illusion, wir wären einzigartig. Hinzu kommt das diffuse Gefühl, etwas würde nicht stimmen oder als hätte das alles eine tiefere – vielleicht auch ganz andere - Bedeutung. Kein Wunder also, dass Doppelgänger in der Romantik und klassischen Literatur meist mit dem Verlust der eigenen Identität assoziiert wurden. Vermutlich gibt es auch Menschen, die so was völlig kalt lässt. Vermutlich gibt es Menschen, die über so etwas erst gar nicht nachdenken! Aber man ahnt es bereits, zu diesen gehöre ich nicht. Wenn ich durch die Straßen Marburgs laufe und einen meiner bekannten Unbekannten treffe, frage ich mich, wer diese Menschen sind. Statt sie zu fragen „äh hallo wer bist du?“. Stelle ich mir vor, ich sei sie und würde mich treffen. Würde ich mir - als anderes Ich - auffallen? Würde ich mich auch fragen, wer diese bekannte Unbekannte ist, die verwirrt durch die Oberstadt schlendert? Wenn ich einen vermeintlichen Doppelgänger sehe, stelle mir vor, wie diese doppelten Menschen leben und wieso sie den Menschen, die ich kenne, so ähneln. Ist das eine Frage der Perspektive und Wahrnehmung oder geht das auch anderen so? Projizieren wir einfach automatisch so viel Vertrautes auf Fremde Menschen, dass es nicht mehr auffällt, dass sie in Wirklichkeit ganz anders sind? Ja, so ein Rollentausch zwischen Ahrens und Markplatz stellt so einiges Kino auf den Kopf. Dass man  keine dieser Fragen je wirklich beantworten kann, ist dabei völlig unrelevant! Noch tückischer wird es dann nur noch mit virtuellen Gesichtern und Profilen, die zwar von realen Menschen erstellt wurden, aber die einem kaum das Gegenüber liefern können, dass man hat wenn man jemanden tatsächlich in die Augen schaut. Trotzdem unterhalten sich unsere elektronischen Doppelgänger miteinander, tauschen Gedanken, Worte und Bilder miteinander. Das sowie so andauernde Kommunikationsproblem nimmt – so jedenfalls der Verdacht  - mit der Zunahme an virtuellen Sphären und elektronischen Vertretern des eigenen Selbst zu. Die Frage wo und wie man mit wem wann spricht, scheint immer ungeklärter. Schreibt man eine Mail, eine Nachricht (bei Whatsapp oder eine SMS?), schreibt oder kommentiert man ein Profil (bei Facebook, Xing oder Instagramm? Und handelt es sich dabei um ein Fake-Profil oder ein echtes?) oder sollte man lieber direkt anrufen (Festnetz oder Handy? Welche Nummer ist die aktuelle?)? Wen hat man dann an der anderen Empfängerseite sitzen? Die Mitbewohnerin, den Freund, die Mutter oder einen Hacker? Wird der nicht genau ermittelbare Empfänger die Mitteilung sofort lesen, wird sie gestört oder gibt es ein Übertragungsproblem? Kein Empfang, kein Akku, kein Guthaben? Oder wird sie einfach bewusst nicht gelesen, es wird aufgelegt oder etwas abgestellt? Kennen wir diese Menschen wirklich so gut wie wir glauben und hätten wir uns eigentlich nicht etwas ganz anderes erwartet? Die zahlreichen Möglichkeiten, Optionen und Enttäuschungen werden also zum reinsten Massaker eines gut funktionierenden - bereits leicht verwirrten - Geistes! Kommen dann noch Emotionen ins Spiel - welche die Nachricht beinhaltet, der Sender sendet oder der Empfänger empfängt, kann dies – unter Umständen und wer würde es nicht verstehen – zu einem katastrophalen Ausmaß führen. Kommen wir also wieder zum Ursprungsgedanken, den der fremden – aber doch irgendwie bekannten – Menschen. Spinnen wir das Szenario weiter und zu stellen uns vor, sie einfach anzusprechen. Ihnen in die Augen zu sehen und sie kennen zu lernen. Vielleicht wäre das irgendwie langweilig, vielleicht auch enttäuschend, aber zumindest gäbe es dann keine Übertragungsfehler.

Dienstag, 27. Mai 2014

Death and all of his friends…






all you need (besides some dead or dying things) is some good inspiration.

Montag, 26. Mai 2014

Talking about... Butter!


Heute: Butter, oder auch der Inbegriff des Fetts. Talking about classic Butterbrot? Butter bei Fischen und dem Butterbrot dem die Butter fehlt? Denkste! Hier geht es um Butterpolitik und Butter als Wissenschaft. 


Unter Butter, diesem, so einfach konstruiertem, Grundnahrungsmittel versteht man durch buttern erzeugtes Milchfett von weißer bis gelblicher Farbe. So die Kurzform. Im Wikipedia-Jargon geht es dann doch um deutlich mehr. Nämlich um den Rahm von (meist Kuhmilch) – in Form von hergestelltem Streichfett – dass wiederum der EU-Verordnung zu mindest 80 Prozent aus Milchfett bestehen muss (da sag noch mal einer die EU würde nicht für unser Wohl sorgen!). Außerdem muss bei einer EU-Normbutter sicher gestellt sein, dass ein Wassergehalt von 16 Prozent nicht überschritten wird. Andere Inhalts- oder Aromastoffe können den anscheinend unvergleichlichen EU-Buttergeschmack nicht entstellen. Der Butterhochgenuss geht dabei vor allem mit einem besonders hohen Gehalt an Ölsäure und gesättigten Fettsäuren einher. Brennwert; ca. 3100kJ (740kcal) pro 100g. Butter darf in Deutschland nach 3 Qualitätsstufen verkauft werden. An oberste Stelle die Deutsche Markenbutter! Diese wird gemäß dem Paragraf 13 der Butterverordnung (!) für die qualitativ hochwertigste Butter vergeben. Sie darf nur aus Milch von Kühen (oder daraus unmittelbar gewonnenem Rahm) hergestellt werden. Bei der monatlichen Butterprüfung müssen in jeder geprüften Kategorie mindestens vier von fünf möglichen Punkten erreicht werden. Dann folgen noch die Deutsche Molkereibutter und die Landbutter – aber es geht eben nichts über die Deutsche Markenbutter. Der Sage nach, gibt es Butter quasi schon immer, auch wenn sie vermutlich noch nie so viele Auflagen zu erfüllen hatte. Dabei steht sie bis heute immer in starker Konkurrenz zum Butter-Staatsfeind No.1; dem Olivenöl (neumodischer: dem umstrittenen Rapsöl).
Um nun auch einen soziologischen Vergleich hinzukriegen, wage ich hier die These, dass Butter – schon wieder – als Prestigeobjekt verstanden werden kann. Das reine Fett muss man sich nämlich erstens leisten können (unterschätze niemals den Preis einer guten Deutschen Markenbutter!), zweitens muss man es wohl  dosieren können (dazu braucht man nicht nur die richtigen Messer, das richtige Brot usw., sondern auch das richtige Fett-Verständnis) und drittens muss man wissen, das Butter nicht gleich Magarine, nicht gleich Rappsöl, nicht gleich Olivenöl ist (dieses Wissen ist auch nicht zu unterschätzen!). Die Rechung ist deshalb recht einfach zu stellen; um Butter – richtig - zu konsumieren braucht man Geld x Gesundheitsbewusstsein x Bildung. Was ich bis zum Lesen dieses wunderschön aufschlussreichen Wiki-Artikel nicht wusste, es gibt sogar eine Sozialbutter, die meine These erstmal statt unter zubuttern, zu untermauern scheint. Die Rede ist hier von einer subventionierten Butter für soziale Einrichtungen wie Krankenhäuser, Reha-Zentren, Alten- und Pflegeheime. Die inzwischen – auf Grund von Gesundheitsmaßnahmen - wieder abgeschaffte EU-Subvention sah vor, dass sich auch soziale Einrichtungen eine (ungesalzene) Markenbutter leisten konnten. Sie brauchten dafür natürlich nur „einen Berechtigungsschein der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) der dem Träger der Einrichtung, oder der für diesen tätigen Zentralküche bzw. Cateringfirma gegen Vorlage eines Nachweises der Gemeinnützigkeit (§ 9 Nr. 1 MFVV) oder Nachweis eines „alternativen Tatbestandes“ (§ 9 Nr. 2-4 MFVV) ausgestellt wird“ (wikipedia.org/sozialbutter). Die Höchstbezugsmenge war dabei auf zwei kg Sozialbutter pro Person und Monat beschränkt. Diese Form von Vergünstigung wurde unter anderem beschlossen um den EU-Butterberg abzubauen. Wer nicht weiß was damit gemeint ist? Hier geht es um die seit Ende 1970 herrschende Überproduktion der europäischen Butter. Achso! Also vielleicht doch keine Prestigebutter. 


Als weiterer ‚Funfact’ zum Schluss dieser Butterreise: das bei weitem bedeutendste Herstellerland für Butter ist Indien, gefolgt von Pakistan und den USA. Na dann, ist ja alles in Butter! (zu größeren politischen Statements bin ich - dank eines langen Kopfschüttel-Wahlabend-Marathons - gerade nicht mehr in der Lage...)