Mittwoch, 27. März 2013

waiting for the sun



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Wir stapelten, wir packten. Kisten und Materialien. Stoff für echte Dramen. Lange, Seitenlange Scripte lagen neben aufgerissenen Kisten voll mit Dreck.

Weißer Himmel, überall wo man nur hinschaut. Irgendwas zwischen Winterschlaf und Neuanfang, manche riechen es sogar schon. Wir packen aus. Wir lassen Dinge liegen. Wir lassen die Scripte in Kisten, stapeln uns übereinander, legen uns in den Dreck. Wir fangen an, räumen auf, räumen aus.

Wir finden etwas, finden seidenlangen Stoff der sich zum Verstecken eignet. Verstecken uns zwischen den Stapeln und dichten ein paar neue Geschichten. Zwar fühlen wir uns wohl; in langer Seide die sich wie ein Vorhang über unsere Körper zieht, und doch frieren wir irgendwie, die abstehenden Haare auf unseren Armen sind nicht zu übersehen. Wir sehen uns an, sehen die Altlasten, fallen wieder zurück in die Routine. Eine Grundträgheit überlappt alles, hängt sich über uns und alles was sicfür einen kurzen Moment nicht zu bewegen scheint. 

Es sieht so aus, als fehlte der Himmel. So, als hätte man ihn irgendwie ausgeschnitten und sich in an seine Zimmerwand geklebt. Dreckiger als weiß, weißer als grau. Wir setzten unsere Sonnenbrillen auf und halten einen Moment inne, dann riechen wir ihn auch irgendwo, zwischen dreckigen Kisten und echten Dramen; den Frühling. 

Sonntag, 17. März 2013

Monster!



Du hältst deine Hand so lange ins Feuer bis du einen inbrünstigen Schrei von dir gibst. Nur um zu sehen wie weit du gehen kannst. Und du gehst weit. Du hältst es aus, weil du weißt, es wird weitergehen, so lange bis einer von uns nicht mehr kann, solange bis einer von uns schlapp macht. Da du denkst, dass ich das sein werde, schaust du immer wieder zu mir herüber, nur um zu sehen ob ich schon aufgegeben habe. Was nicht der Fall ist. Meine Hände zieren Brandblasen, meine Füße sind wund gelaufen. Meine Haut rissig, meine Lippen spröde und blutunterlaufen. Wer auch immer dieses Spiel angefangen hat, es ist nicht mehr zu stoppen. Angefangen hat es mit Kleinigkeiten, jetzt spielt es sich eher auf Existenzebene ab; die es zu bekämpfen gilt. Wir halten uns nicht mehr an bestimmte Regeln, wir sind nur noch wild und unberechenbar. Liegen ständig auf der Lauer, jederzeit zum Angriff bereit. Dabei kämpfen wir niemals gezielt miteinander, sondern immer über Mittelmänner, Menschen die es für unsere Zwecke zu benutzen gilt. Unsere schönste Waffe ist die Verletzung, die sich in Form einen verbitterten Blickes, in Form eines schockierten Momentes äußert. Wir haben alles ausgespielt, haben Wunden in Salz ertränkt und noch ein bisschen entzünden lassen. Wir gehen weiter, unsere Blicke eiskalt. Was einmal Feuer war, ist getriebener Hass, gepaart mit der allgegenwärtigen Angst, dass der Spaß irgendwann ein Ende haben könnte. Das jemand aufgibt und damit der letzte Trumpf ausgespielt ist. Das wäre das Schlimmste, dagegen sind alle anderen Wunden nur ein paar oberflächliche Kratzer. Du hältst deine Hand ins Feuer und schreist nicht mehr. Du hältst es aus, weil du weißt, dass es immer weitergeht. Was nicht der Fall sein wird. Am Ende werden wir beide daran verrecken, zementiert sein in Hass und Angst. Wir werden keine Verletzung mehr spüren, wir werden keine Existenzebene mehr bekämpfen können. Wir werden still da liegen und an an den inneren Verletzungen des einstigen Feuers sterben. 


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harte Kost, bei Regen und Schnee, Mitte März. So lange man weiter auf den Frühling wartet -hier das passende erste Hilfe Paket

Freitag, 15. März 2013

Die Gefahr zu verschwinden



Wir spürten Wut, aber hassten nicht. Wir spürten Hass, aber wir wüteten nicht. Wir waren ein Zustand, in dem man kratzt, aber nicht aufkratzt. An dem man schabt, aber nicht gräbt. Rebellierten, ohne uns aufzulehnen, zweifelten, aber wussten nicht warum. Wir lagen flach auf der Erde und hofften das wir was spürten, aber am Ende hörten wir nur ein dumpfes Geräusch, das vielleicht irgendwann mal so etwas, wie ein kleiner Aufstand, aber am Ende doch nur ein Hochhalten von weißen Flaggen, war. Wir wollten mehr, aber wir wussten nicht wie. Wohin mit all den Vorhaben. Wir wollten die Welt, aber konnten sie nicht ertragen. Wir verstanden viel, aber sagten zu wenig. Wir sagten nichts und dennoch schwammen wir in einem Meer aus Wörtern. Versuchten uns durchzukämpfen, aber am Ende verschluckten wir uns, schnappten noch ein Mal nach Luft und verreckten dann jämmerlich an sinnlosen Sätzen, an einem Zustand aus Wort- und Kopfsalat.

Dann wurden wir plötzlich das, was wir nie werden wollten. Das, was man auf jeden Fall meiden musste. Als würde man von heute auf morgen vergessen, was wichtig ist, was zählt. So, als würde man plötzlich die Republikaner wählen, nur, weil man einen Moment mal nicht achtsam war. So als würde man anfangen seicht zu werden, nur weil man gerade so viel zu tun hat. Als würde man aufhören Dinge zu sagen, nur, weil man damit jemand verletzten würde. Als würde man Blicke meiden, weil sie einen ärgern könnten. So, als würde man sich aus den Augen verlieren, weil es eben einfach so passiert. Wir verschwinden, aus der Atmosphäre der Wichtigkeiten, schwimmen in Seiten, lauwarmen Gewässern, in denen man sich nicht nur mit Samthandschuhen anfasst, sondern auch mit Schwimmflügeln schwimmt. In denen nur unter Aufsicht und zu bestimmt festgelegten Zeiten geschwommen wird. Nicht aus freien Stücken, sondern aus Gründen von Gewohnheit oder aus purem Zufall.

Ein Albtraum, in dem nichts passiert, den man nicht mal mehr am nächsten Morgen erinnert. Das, was wir immer am meisten Verachteten, das traf ein. Verschwanden in Unsichtbar-, Glanz- und Witzlosigkeit, waren einen Moment unachtsam und wählten die falsche Seite. Die Vorstadt, die gemähten Wiesenflächen, die gehisste Flagge. Verfielen in leidenschaftslosen Patriotismus und bezahlten GEZ. Führten Hunde und Kinder durch die gemähten Wiesenflächen, kauften Häuser und Autos in passenden Farbkombis, lasen Bücher über die guten Seiten von Privatisierung, hatten sichere Jobs die für kontinuierlich steigende Löhne sorgten und waren glücklich. Zumindest dachten wir das.  

Wir verschwanden. In Form von Aufstand und Kampf. Verschwanden im Glauben an den Zufall. An zufällige Ungerechtigkeit. An ein zufälliges Ungleichgewicht. Wir trugen einen Teil dazu bei. Kreierten neue Schubladen, neue Definitionen von Rasse und Macht. Sprachen in Floskeln, sprachen viel, aber sagten rein gar nichts.

Wir verschwanden in seichten Gewässern, still und leise und niemand war da der uns packte und durchschüttelte. Wir wurden unwichtig, wir wurden klein und nichtig.

Wir verschwanden.