Wir spürten Wut, aber hassten nicht. Wir spürten
Hass, aber wir wüteten nicht. Wir waren ein Zustand, in dem man kratzt, aber
nicht aufkratzt. An dem man schabt, aber nicht gräbt. Rebellierten, ohne uns
aufzulehnen, zweifelten, aber wussten nicht warum. Wir lagen flach auf der Erde
und hofften das wir was spürten, aber am Ende hörten wir nur ein dumpfes
Geräusch, das vielleicht irgendwann mal so etwas, wie ein kleiner Aufstand,
aber am Ende doch nur ein Hochhalten von weißen Flaggen, war. Wir wollten mehr,
aber wir wussten nicht wie. Wohin mit all den Vorhaben. Wir wollten die Welt,
aber konnten sie nicht ertragen. Wir verstanden viel, aber sagten zu wenig. Wir
sagten nichts und dennoch schwammen wir in einem Meer aus Wörtern. Versuchten
uns durchzukämpfen, aber am Ende verschluckten wir uns, schnappten noch ein Mal
nach Luft und verreckten dann jämmerlich an sinnlosen Sätzen, an einem Zustand
aus Wort- und Kopfsalat.
Dann wurden wir plötzlich
das, was wir nie werden wollten.
Das, was man auf jeden Fall meiden musste. Als würde man von heute auf morgen vergessen,
was wichtig ist, was zählt. So, als würde man plötzlich die Republikaner wählen,
nur, weil man einen Moment mal nicht achtsam war. So als würde man anfangen seicht zu werden, nur weil man gerade so viel zu tun hat. Als würde man aufhören Dinge zu sagen, nur, weil man damit jemand verletzten würde. Als würde man
Blicke meiden, weil sie einen ärgern könnten. So, als würde man sich aus den
Augen verlieren, weil es eben einfach so passiert. Wir verschwinden, aus der
Atmosphäre der Wichtigkeiten, schwimmen in Seiten, lauwarmen Gewässern, in
denen man sich nicht nur mit Samthandschuhen anfasst, sondern auch mit Schwimmflügeln
schwimmt. In denen nur unter Aufsicht und zu bestimmt festgelegten Zeiten geschwommen
wird. Nicht aus freien Stücken, sondern aus Gründen von Gewohnheit oder aus
purem Zufall.
Ein Albtraum, in dem nichts passiert, den man nicht mal mehr
am nächsten Morgen erinnert. Das, was wir immer am meisten Verachteten, das
traf ein. Verschwanden in Unsichtbar-, Glanz- und
Witzlosigkeit, waren einen Moment unachtsam und wählten die falsche Seite. Die
Vorstadt, die gemähten Wiesenflächen, die gehisste Flagge. Verfielen in
leidenschaftslosen Patriotismus und bezahlten GEZ. Führten Hunde und Kinder durch die gemähten Wiesenflächen, kauften Häuser und Autos in
passenden Farbkombis, lasen Bücher über die guten Seiten von Privatisierung, hatten
sichere Jobs die für kontinuierlich steigende Löhne sorgten und waren glücklich.
Zumindest dachten wir das.
Wir verschwanden. In Form von Aufstand und Kampf. Verschwanden
im Glauben an den Zufall. An zufällige Ungerechtigkeit. An ein zufälliges
Ungleichgewicht. Wir trugen einen Teil dazu bei. Kreierten neue Schubladen,
neue Definitionen von Rasse und Macht. Sprachen in Floskeln, sprachen
viel, aber sagten rein gar nichts.
Wir verschwanden in seichten Gewässern, still und leise und
niemand war da der uns packte und durchschüttelte. Wir wurden unwichtig, wir
wurden klein und nichtig.