Da in unsern recht intellektuellen Uni-Kreisen nicht nur wild über das Phänomen der Postmoderne debattiert und spekuliert wird, sondern
eben auch über das des Hipsters, hier ein kurzer (aber allumfassender, bedeutungsvoller) Diskurs.
Falls du ein wahrer Hipster sein willst, erstens Streite
dieses Phänomen erst einmal ab. Verweise bei deiner Jute-Beutel-Produktion auf
den tieferen Sinn (am besten kommt immer eine Kritik als Kritik) und dann auf
die kostbare Zeit die du dafür geopfert hast (in Wirklichkeit aber, bist du gar
nicht wirklich in Produktion sondern hast ein Sparabo bei Urban Outfitters -
10 Beutel = 500 Euro - läuft!). Bei deinen Neon Färbenden T-shirts sieht es da
ähnlich aus, denn mit viel Liebe und Mühe hast du sie gekürzt und in die Fransen
ein paar Indianer Perlen gehängt (in Wirklichkeit... Bla Bla 10 Bauchfreie Neon
T-shirts mit echten Indianerperlen 10 Stück = 1000 € läuft!). Die Jeansjacke
ist aber wirklich vom Flohmarkt (ist sie nicht!) und auch die eckigen Ringe an
deinen Fingern sind von einem Underground Designer aus Berlin (sind sie echt!).
Alles andere ist Natur, oder zumindest ein Produkt deiner Fantasie die irgendwie
mit Natur assoziiert wurde. Während du Club Mate trinkst (und behauptet du trinkst
das schon bevor sie mit dem Biomade-Scheiss angefangen haben!) sinnierst du über
das Leben in Form von Postings auf deinem Blog (Facebook ist halt auch fast
wieder Neunziger) - in Form von geblitzten, unscharfen Partybildern. Mühsam
eingescannt und extra noch ein paar Krümel vom Frühstücksbrötchen drüber
verteilt. An deinen Wänden hängen Geweihe und Bilder von geblitzten Geweihen
und verschreckten echten Rehen im Wald. Dazwischen besonders verrückte
Sachen, wie eingerahmte Einkaufszettel und Post-it’s mit noch verrückteren Sprüchen deiner
Kollegen. Zum Beispiel: Funk you. Das Ganze hat natürlich, unbestreitbar, einen tieferen Sinn, genau wie Brillen ohne Stärke, Uhren die vor einem halben
Jahrhundert stehen geblieben sind, Nagellack der abblättert und Schuhe in denen
man nicht laufen kann. Überall zieren schlaue Sprüche den Hipster, man könnte
meinen, dies sei die Antwort auf all seine Sprachlosigkeit (vermutlich nicht!). Man könnte denken,
ein stillheimlicher Protest gegen Perfektion und Glanz (leider nein), man könnte meinen
nirgendwo wird so viel in so wenig reinkonsumiert; möglichst schlecht aussehen,
möglichst schlau denken (könnte man meinen). „Look poor, think rich.“ sagte (hätte es dieses
Phänomen damals schon gegeben) Andy , Hipster-Himself, Warhol (der nebenbei
bemerkt auch nicht gerade das Sinnbild eines armen Schluckers abgab!). Eignet
sich hervorragend für einen Jutebeutel, finde ich und verweise inzwischen schon
pinselt auf den wirklich ganz tiefen Sinn dahinter. In diesem Sinne: Funk out!